Die fertig genähten und gesäumten Ärmel müssen jetzt eingenäht werden.
Hier stellt sich immer die große Gewissensfrage: Heften oder nicht heften?
Da die Armkugel nicht stark gerundet ist, also nicht viel Einhalteweite zu erwarten, entscheide ich mich für “nicht heften”. Aber wer nicht viel Übung hat, heftet vielleicht besser…
Ich lege das Armloch der Bluse vor mich hin, mit der linken Seite nach außen gedreht.
Der Ärmel hingegen liegt mit der rechten Seite nach außen (also ganz normal) und wird so in das Armloch gesteckt. So kommt die rechte Stoffseite des Ärmels auf die rechte Stoffseite der Bluse.
Zuerst stecke ich die Paßzeichen fest. Bei dieser Bluse habe ich ein Paßzeichen vorne, eines oben, das an der Schulternaht festgesteckt wird und ich stecke die Ärmelnaht auf die Seitennaht der Bluse.
Am unteren Teil also unter dem Arm wird der Ärmel glatt eingesteckt. Deswegen stecke ich zuerst diesen Teil und achte darauf, daß es keine Falten gibt und die Stofflagen wirklich glatt und ohne Dehnung oder Wellen aufeinander liegen.
Da der Schnitt keine Markierung hat, ab welcher Höhe die Einhalteweite beginnt, kann ich das nur nach Gefühl machen.
Irgendwo zwischen der Hälfte und zwei Dritteln der Armlochstrecke wird der Ärmel glatt eingesetzt.
Die Armkugel hat ja bei eingesetzten Ärmeln immer etwas Mehrweite. Das heißt, die Strecke ist länger als die Strecke des Armloches an der gleichen Stelle. Oder ganz banal formuliert: Am Ärmel ist mehr Stoff, als am Armloch.
Das ist nötig, damit man die Arme hinterher auch bewegen kann.
Die Kunst besteht jetzt darin, diese Mehrweite des Ärmels so einzuhalten, daß hinterher keine Falten und Kräuseln zu sehen sind. (Es sei denn, man hätte Puffärmel.)
Da in diesem Fall die Mehrweite (auch Einhalteweite genannt) nicht so viel ist, stecke ich quasi nach Augenmaß. Die Ärmelmitte habe ich ja auf der Schulternaht festgesteckt und mich auch von der Achsel ein Stück weit glatt den Ärmel hochgearbeitet.
Auf dem Rest wird die Mehrweite des Ärmels gleichmäßig verteilt und mit relativ vielen Nadeln quer zur späteren Naht festgesteckt.
Und zwar von der Ärmelseite aus, also so, daß der Ärmel zum Nähfuß hinzeigt, die “Blusenseite” auf dem Transporteur liegt.
Dabei beginne ich an der Seitennaht und nähe langsam über meine quer gesteckten Nadeln drüber.
Im oberen Bereich der Armkugel, also da, wo die Mehrweite eingehalten werden muß, ziehe ich den Ärmelstoff vorsichtig etwas nach links und rechts straff. (Wenn ich nicht eine Hand zum Photographieren brauche, dann mache ich das mit zwei Händen.) Dadurch wird der Stoff glatt eingenäht, ohne Kräusel.
Keinesfalls die untere Stofflage in Nahtrichtung dehnen!
Das resultiert in einem verdehnte Armausschnitt, was wir aber nicht wollen, oder? 😉
Wenn ich merke, trotz des sachten Glattstreichens beginnt der Stoff, sich zu stauen, dann hebe ich mal kurz den Nähfuß, damit sich die Stofflagen wieder “entspannen”. Dank Kniehebel geht das bei meiner Maschine, ohne die Hände vom Stoff zu nehmen.
(Die ersten zehn Jahre meiner Nähkarriere habe ich an der Stelle übrigens lieber erst geheftet und dann genäht. Heute kann ich meist gut einschätzen, wo ich heften muß und wo ich es bleiben lassen kann. :-D)
Bleibt natürlich die Frage, wie versäuber ich das? Der Stoff ist ja leicht transparent.
Und schöne französische Nähte bekommt man nur an geraden Nähten hin.
Eine Möglichkeit ist natürlich, die eine Nahtzugabe über die andere (vorher zurückgeschnittene) drüberzuklappen und festzunähen. Mache ich bei Seide sehr gerne.
Aber bei ganz dünnen Stoffen ist mir das schon wieder zu dick.
Aber es geht noch einfacher.
Mit kleinen Stichen (Stichlänge ca. 2) nähe ich auf der Nahtzugabe eine weitere Gradstichnaht, mit etwa 2mm-3mm Abstand zur Ärmeleinsatznaht.
Und einen bis zwei Milimeter neben dieser Naht schneide ich die Nahtzugabe einfach ab.
Das hält, denn der Stoff ist ja durch die Rundungen praktisch überall schräg zum Fadenlauf geschnitten und franst dadurch ohnehin nicht so stark aus.
(Für Paranoiker und bei extrem fransenden Stoffe: Die zweite Naht mit Fray Check “einlassen”.)
Und als letzter Schritt kommt nur noch mal Bügeln.
Wichtig ist dabei, nur die Nahtzugabe flach zu bügeln, nicht auf der Armkugel herumzufuhrwerken.
Ganz vorsichtig… mit der Spitze des Bügeleisens…
Das wars dann auch schon… den Blusensaum schlage ich zwei mal knapp um und nähen ihn mit Stickgarn (der Säumerfuß hätte sicher ein paar Probleme mit den Biesen), ebenso die Knopflöcher. (Könnte man mit etwas Stickvlies noch schöner machen, aber ich bin zu faul, will fertig werden.) Knöpfe finde ich überraschenderweise sogar mal passende in meiner Dose….
So billig habe ich schon lange nicht mehr genäht! Nur eine Rolle Stickgarn mußte ich zukaufen. Na gut… und Heat Away. Und gleich mehr davon… :o) Brauche ich bestimmt irgendwann wieder… gg