Füttern scheint mir ja bei Burda ziemlich aus der Mode gekommen zu sein. (Sozusagen nicht nur verhungerte Photomodels, sondern auch “verhungerte” Jacken. 😉 )Ich hingegen finde nach wie vor eine ungefütterte Jacke nicht sehr schön. Und ein so edler Stoff schreit um so mehr nach einem Futter. Trägt sich auch viel besser.
Aber da Burda sonst auch den Luxus eigener Futterteile nicht kennt, erstelle ich mir den Schnitt dafür halt selber. Denn damit ein Futter gut sitzt, sollten die Futterteile an den strategischen Stellen größer als der Oberstoff sein. Klingt unintuitiv, ist aber so. Die Bewegungsfalte im Rückenteil ist sicher allgemein bekannt: Das Rückenteil am Stoffbruch anlegen und zwei bis vier Zentimeter abstand zur Stoffkante lassen. Dann zuschneiden, die Stoffkante aber nicht durchteilen.
Gut, bei meinem Schnitt ist das etwas schwierig, denn das Rückenteil ist an der Mittelnaht extrem gekurvt und wenn ich es im Fadenlauf anlegen würde, dann hätte ich stellenweise 30cm Bewegungsfalte. Nicht praktisch. Also habe ich in diesem Fall den Fadenlauf geopfert und schräg dazu zugeschnitten, dafür mit gleichmäßigerem Abstand zum Stoffbruch. Beim Futter wird das ohne negative Folgen abgehen. (Denke ich… )
Aber es gibt noch andere Stellen, an denen ich Weite zugebe. Eine davon ist das Vorderteil. Hier gebe ich 1-1.5 cm zu, die an der Schulter zu einer schmalen Falte gelegt werden und dann aufspringen. Das verhindert ein verzogenes Vorderteil.
Um den Vorderteilschnitt an der richtigen Stelle zu vergrößern, gebe ich die Mehrweite nicht an der Nahtkante zu, sondern in der Mitte. Die Mehrweite soll ja ab der Schulter beginnen, nicht ab dem Kragen oder Ausschnitt.
Meine Jacke bekommt nur die seitlichen Vorderteile aus Futterstoff, da die mittleren Vorderteile ja in Form von Belegen mit Stoff abgedeckt sind.
Da ich keine Lust habe, einen gesonderten Futterschnitt zu erstellen, nehme ich die nötigen Änderungen auf dem Stoff vor. Zuerst zeichne ich mit Kreide eine lange Linie im Fadenlauf. (Die schwarz gepunktete Linie auf dem Bild.) Genau auf diese Linie wird der Fadenlauf des Schnitteiles gelegt. (Hier ist der Folienschnitt praktisch, denn ich sehe genau, wo das Schnitteil liegt.
Dann zeichne ich mit Kreide oder Trickmarker die Schnittlinie des seitlichen Vvorderteils nach. und zwar an der Seite, die an den Beleg genäht wird.
Anschließend verschiebe ich meinen Folienschnitt um den gewünschten Betrag (1-1,5cm) und zwar so, daß der auf dem Stoff eingezeichnete Fadenlauf und der Fadenlauf auf dem Folienschnitt (blau gepunktete Linie auf dem oberen Bild) parallel bleiben.
Dadurch rutscht die Schnittkante meines Folienschnittes (blau gepunktete Linie auf dem Bild rechts) von der gezeichneten Linie (weiß gepunktet mit keinen “Ausreißern” beim Nachzeichnen auf dem Touchpad… 😮 ) weg.
Beim Zuschnitt schneide ich dann zuerst entlang der gezeichneten Linie auf dem Stoff und ab Schulter bzw. Saumkante orientiere ich mich wieder an meinem Folienschnitteil. (Da ich die Nahtzugaben schon auf meine Schnitteile gezeichnet habe, muß ich diese nicht mehr zugeben, sondern kann direkt an der Folienkante entlang schneiden.)
Doch damit nicht genug, auch die Ärmel bekommen im Futter mehr Raum. Allerdings nicht in der Weite, sondern in der Länge. Und zwar wird im Bereich der Achsel 1,5 cm zugegeben. Da diese Jacke einen Zwei-Naht-Ärmel hat, ist das etwas umständlicher, aber auch nicht schwierig.
Der Zugabebetrag von 1,5cm bezieht sich auf die Stelle genau über den Seitennähten, also an der Mitte des Ärmels. Beim Zweiteiligen Ärmel liegt diese auf dem Unterärmel, somit beginne ich auch mit dem Unterärmel.
Ich zeichne 1,5cm über der Markierung für die Seitennaht an und lasse eine Linie zur ursprünglichen Schnittkante auslaufen.
“Ankommen” sollte die Linie auf der Höhe des Paßzeichens. So großzügig ist Burda aber mit Paßzeichen nicht, für hinten gibt es keines. Aber ich kann ja schätzen. Der Punkt muß auf alle Fälle unterhalb der Stelle liegen, an der mit dem Einhalten des Ärmels begonnen wird.
Die Linie zur anderen Seite bestimmen ist etwas schwieriger, denn da geht es ja mit dem Oberärmel weiter.
Deswegen lege ich dann den Oberärmel Nahtlinie auf Nahtlinie daneben und zeichne die Linie wieder freihand ein. Aber nur bis zur Schnittlinie des Unterärmels.
Man sieht an den Kreidestrichen, daß ich mehr als einen Versuch gebraucht habe, bis ich einen annehmbaren Linienverlauf erreicht habe. *g*
Wichtig ist auch noch, zu messen, wie weit die neu gezeichnete Linie genau auf der Höhe der Längsnaht von dem Schnitteil entfert ist.
Denn ich muß ja sozusagen auf gleicher Höhe am Oberärmel wieder ansetzen, damit die beiden Teile hinterher wieder genau zusammenpassen.
Und da es am Oberärmel auch eine Paßmarke gibt…. ist es ein Kinderspiel, die Linie zu zeichnen.
(Das ganze zu photographieren war schon schwieriger…. da mußte die Bildbearbeitung ran und die echten Farben mußten geopfert werden. Meine Folie ist nicht grün, sondern durchsichtig. Aber so erkennt man mehr.)
Tja… und dann zuschneiden und nähen. Da ich das Futter von Hand einnähen werde, wird es nicht ganz genäht, sondern nur teilweise:
Die Teilungsnähte im Rücken werden geschlossen, dann die Seitennähte. Die Schultern bleiben offen.
Und an den Ärmeln werden ebenfalls die Ärmelnähte geschlossen und zwei Reihen Kräuselfaden zum Einhalten mit der Maschine eingezogen.
Danach kommt viel Handarbeit, zum Beispiel auf dem Sofa vor dem Fernseher….
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vielen dank für die wirklich toll erklärte anleitung! futter ist anscheinend wirklich aus der mode gekommen, deswegen »kleben« die jacken dann oft auf den blusen oder shirts. ohne schnittzeichenkenntnisse konnte ich diese jacken und mäntel nicht nähen. das wird sich jetzt ändern. nochmals danke!