Über die Hobbyschneiderinseite hatte ich ja erfahren, daß am 9. Juni der “World Wide Knit in Public”-Day ist. Also der Weltweite in der Öffentlichkeit Stricktag. Da ich an dem Tag in Paris war, hatte ich mich über die Internetseiten zur Seite des “Journée mondiale du tricot” durchgeklickt (das mit dem “in Public” hat die Francophonie einfach mal unterschlagen…) und siehe da, in Paris waren auch zwei Treffpunkte ausgeschrieben. (Ich habe später mitbekommen daß es wohl noch mehr gab, nur eben nicht auf der Webseite.)
Da eines davon sogar (zumindest bei schönem Wetter) im Freien stattfinden sollte machte ich mich auf den Weg zur Avenue de l’Opéra.
Irgendwie war da die Rede gewesen von einem Strickcafe (und das sollte mir bislang entgangen sein?) oder gar einer Buchhandlung mit vielen Handarbeitsbüchern (noch unglaublicher, daß die mir noch nie aufgefallen wäre!)
An Pyramides aus der Metro gestiegen, auf die Oper zugegangen…. und… doch… da stehen Hocker auf der Straße.
Ich nähere mich… siehe da, da sitzen zwei Damen und stricken.
(Es war früher Nachmittag… so gegen Ende der französischen Mittagspause, eine typisch ruhige Zeit für Unternehmungen aller Art.)
Und die Markise (wie auch das Schaufenster) verraten… in der Tat, ein Buchgeschäft! (Über die Kreativabteilung erzähle ich bei Gelegenheit was… die ist einen eigenen Eintrag wert!)
Ohne große Umstände werde ich willkommen geheißen, bekomme einen “Kit” angeboten. Man hatte sich nämlich die Mühe gemacht, kleine Sets aus Garn (schönes Garn!), Nadeln und einer Anleitung zusammenzustellen.
Sehr verlockend… aber da ich selber was dabei hatte, habe ich abgelehnt, denn es sollte ja für spontane Stricker sein. Und wenn ich eines nehme, dann wäre eines weniger da.
Auf einem Tisch stand außerdem heißes Wasser für Tee oder Kaffee und Schokolade gab es auch.
Wer veranstaltet so was?
Tja… die Buchhandlung. Die auch das Strickcafe Brentano’s (immer Samstags, außer wenn das Stickcafe stattfindet) ins Leben gerufen hat. Auf der Webseite des Strickcafes gibt es übrigens noch mehr Bilder vom Tag.
Das sollte einem in Deutschland mal passieren, daß eine Buchhandlung eine beeindruckende Abteilung an Kreativbüchern (inklusive Nähen, Stricken und Sticken) in verschiedenen Sprachen vorzuweisen hat und dann auch noch Leute reinläßt, die Kuchen mitbringen und die Kaffee und Tee bekommen. Könnten doch Flecken an die Bücher kommen, oder?
(Ich habe ein bißchen mit der Angestellten der Buchhandlung gesprochen, die Bücher verkaufen sich sehr gut, erzählte sie…)
Aber zurück zum Stricktag.
Es trudelten dann doch etliche Strickerinnen ein. Einige gehören wohl zum erfahrenen “Inventar” des Strickcafes, aber ich war nicht die einzige, die nur für diesen Tag gekommen war. (Französische Strickerinnen haben übrigens keine Angst für dünnen Nadeln…)
Und natürlich gab es spontane und begeisterte Abnehmerinnen für die Stricksets, die vergrabene Strickkenntnisse wieder zum Vorschein bringen lassen.
Beeindruckt hat mich wirklich die Hilfsbereitschaft der Strickerinnen. Ohne sich zu kennen wurde der Nachbarin geholfen und gezeigt.
Und so manch eine ließ sich ganz neu in die Kunst des Strickens einführen.
(Lektion 1: Maschen anschlagen.
Lektion 2: Maschen stricken.
Lektion 3: Maschen auftrennen, weil eine Masche des Anschlags verloren gegangen ist.)
Soll noch mal einer sagen, die Jugend hätte keine Geduld und Ausdauer. 😉
Ich habe natürlich bei weitem nicht alle geknipst, schließlich war ich die meiste Zeit selber mit Stricken beschäftigt. *g*
Aufmerksamkeit war uns jedenfalls garantiert.
Allerdings nicht so viel wie der Radfahrerdemo auf der Avenue de l’Opéra. (Französische Wochenendfolklore, Demonstrieren gehen. Wofür oder wo gegen war wie üblich nicht ganz klar, ist aber auch nicht wichtig… *g*) Die Fernsehkameras drehten sich leider nicht zu uns um.
Als ich ging waren immer noch viele Sitze belegt. Und eine Frau bat um eine Einweisung ins Stricken, während sie zu ihrem Mann rief “Nur zwei Minuten”.
Ich habe mal nicht abgewartet, wie lange er herumstehen mußte… 😉
Meine Schwester ist langsam Weltmeisterin im Stricken. Mir fehlt dazu die Gedult. Es ist so viel einfacher auf Stoff ein Kleidungsstück zu fertigen. So denke ich zumindest.