Kirchenfußball

Publich Viewing bei WM 2006Jetzt hat es mich gestern auch erwischt. Auch ich werde zum deutschen Volkssport der letzten Wochen geschleppt: Public Viewing.

Fußball natürlich. Ich meine, was sonst sollten die Menschen gemeinsam und in der Öffentlichkeit angucken? (Wobei.. kostenlose bundesweite übertragungen von Konzerten, Tanztheater oder Opern hätte doch auch mal was… oder gleich kostenlose Open-Air Veranstaltungen mit Picknick? 😉 )

Immerhin, der Ort hatte Charme. “Biergarten in der Mauriziuskirche” hieße es. Wie? Biergarten? In einer Kirche??? Wie soll das denn gehen?

Aber es ging, auf der einen Seite der Kirchturm, auf der anderen Seite Kirchenschiff (nehme ich an) und dazwischen… ein Platz. (Keine Ahnung, warum der da ist. Ob da mal ein Kreuzgang war?) Voll mit Stühlen, einigen Tischen, in der Ecke ein Grill und ein Köbes, der nicht ganz erfolgreich versuchte, alle Durstigen mit Getränken zu versorgen. Wäre also auch ohne Fußball gemütlich. Und ließ sich mit ertragen. 😉

Fußball WM 2006Und danach ging die Party auf den Ringen weiter. Bunt, fröhlich, gut gelaunt. (Nur die beiden Portugiesen in der Straßenbahn guckten etwas bedröppelt…. )

Und fast genauso schwarz-rot-gold wie in Frankreich blau-weiß-rot. Da muß ich mich noch dran gewöhnen.

Ich frage mich, ob, nachdem ja jetzt beinahe jeder Haushalt mit Flaggenamterial ausgerüstet ist, dieses (wie in Frankreich) auch zum Nationalfeiertag zur flächendeckenden Beflaggung eingesetzt werden wird? Und auch wir den 3. Oktober mit Feuerwerk, bunter Parade und Party begehen, statt mit ernsten Reden…

Fensterfußball

Also eigentlich, so muß ich gestehen, interessiert mich Fußball nicht wirklich. Und auch diese WM hatte ich bislang mit eher lauem Interesse verfolgt. Ab und an mal im Internet nachschauen, wie die Ergebnisse sind, aber letztlich wurde ich mit mehr WM-Berichterstattung der Medien bombardiert, als ich haben wollten.

Ansonsten ging der Rummel, obwohl ich in einer WM-Stadt wohne, weitgehend an mir vorbei. Denn der Rummel und die Fans waren brav in der Innenstadt und nicht im meinem Wohngebiet.

Letzte Woche in Paris hatte ich dann aber keine Chance mehr. Unser dortiges Mini- Appartement (zu dessen Renovierung wir auch dort waren) liegt im Marais, somit in der Innenstadt und in einem Ausgehviertel. Und gleich im Nachbarhaus hatte eine Eckkneipe einen großen Plasmabildschirm, der auch von der Straße aus eingesehen werden konnte. Und bei den beiden Spielen der französischen Mannschaft auch eifrig wurde.

Fußballfans in Paris, WM 2006Wir konnten zwar vom Fenster aus weder den Kommentar der Sprecher hören noch das Bild sehen, aber die akkustische Rückmeldung des Pubikums, die Schreie, die Seufzer, die “Allez les Bleus” Gesänge, Trommelwirbel auf Mülltonnen, der Beifall und die Buhrufe ergaben doch eine deutliche Ergebnismitteilung.

Und die Siege wurden gefeiert. Nicht nur auf den Champs-Elyssee, wo man auf die Fans vorbereitet war, nein, überall. Ob hupende Autocorsi oder jubelnde Fußgänger, jeder Sieg wurde bis in den Morgen hinein gefeiert, auch die Außengastronomie, die sonst irgendwann zwischen Mitternacht und ein Uhr schließt, war länger belebt.

(Dafür hätte uns das Spiel Frankreich- Brasilien beinahe das Abendessen gekostet… unser Bäcker machte deswegen nämlich überraschend schon kurz nach 20 Uhr zu, auch der nächste Boulanger eine Ecke weiter war schon geschlossen. Ich mußte noch eine Ecke weiter, bis ich bei einem arabischen Bäcker zwar kein Baguette aber doch noch ein Pain de Campagne fand und unser Abendessen retten konnte… 😉 )

Und die offene Freude der Franzosen scheint ansteckend zu sein. So zog nach dem Sieg über Argentinien auch eine kleine Schar schwarz-rot-gold dekorierter deutscher Fans unter gut gelaunten “Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin” Gesängen durch unsere Straße.

Ich sollte mich wohl doch mal auf ein Endspiel mit deutscher Beteiligung einstellen… und mir einen guten Platz zum gucken suchen… :o)