Fait main 03/2020, Modell 15 (Kleid)

(Nein, beim Friseur war ich immer noch nicht… aber ein neues Kleid habe ich mir genäht.)

Bei einem meiner wenigen Parisbesuche im letzten Jahr hatte ich mal wieder eine Fait main ergattert und fand auch spontan mehrere Modelle, die ich mir für mich sehr gut vorstellen konnte. und die sogar in meiner Größe im Heft waren. (Das passiert mir bei Zeitschriften ja selten.)

Dann erkannte eine Kölner Nähfreundin allerdings die Modelle als “Knip” Modelle.

Meine Liebe kühlte spontan auf einstellige Grade ab, denn von Knip hatte ich 2013 einmal ein Modell genäht, was so katastrophal nicht passend ausfiel, dass nicht nur das Probemodell als Schlafanzug endete, sondern ich gar nicht mehr versucht habe, den Schnitt anzupassen.

Andererseits hätte mir der Schnitt laut Maßtabelle mit vergleichsweise wenig Änderungen passen müssen und ich hatte den perfekten Stoff von Malhia Kent in ausreichender Menge in meiner Kiste. (Zudem einen vergleichsweise voluminösen Stoff, den aufzubrauchen Platz schaffen würden.) Also holte ich im April die Reste der häßlichen Bettwäsche aus der Kiste und machte mich mutig an ein Probekleid.

Gerade im Bereich des Oberteils ist der Schnitt mit den angeschnittenen Ärmeln ja unterkompliziert, was die Hoffnung nährte, dass es klappen könnte. Und durch die Falten im Roch und dessen schmale Form, ist das Kleid lässig, ohne ein Sack zu werden. Was mir sehr gut gefällt, weil es eigenltich für alle Gelegenheiten passt.

Nachdem ich mir die Maßtabelle und meine eigenen Maße so angesehen hatte, entschied ich mich für ein Oberteil in Größe 48 ohne FBA. Der Schnitt ist schon für C-Körbchen konstruiert und da es keine Ärmel gibt, könnte der Rest reichen, Rücken ist etwas schmaler, vorne dafür etwas mehr… Das Vorderteil habe ich gelassen, wie es war, im Rückenteil habe ich im oberen Rückendrittel um 1,5cm gekürzt. Die Knip-Schnitte sind für etwas längere Frauen konstruiert und mein Oberkörper ist eh schon kurz.

Dass das nicht reichen würde, war mir klar, aber der Schnitt enthält keine Informationen zur Taillenlinien, nur dass die Ansatznaht Oberteil-Rock nicht auf der natürlichen Taille sitzt, das war klar. Das würde mir das Probeteil verraten müssen.

Da meine Taillenweite leider nicht Größe 48 entspricht, habe ich da außerdem am Oberteil an jeder Seite jedes Schnitteils knapp einen Zentimeter zugegeben. (Also im Ganzen etwas weniger als 4cm.)

Beim Rockteil sagte meine Hüftweite, dass ich das besser in Größe 50 nehme. Da vorne Falte gelegt sind und es hinten Abnäher gibt, wollte ich die Rockweite darüber ggf. ans Oberteil anpassen. Das war aber gar nicht nötig, meine freihändige Zugabe ergab in der Ansatznaht genau die Rockweite.

Das Probeteil ergab dann nicht ganz überraschend, dass das Kleid im Oberkörper noch viiiel zu lang ist. Allerdings staute es sich unterhalb der Ansatznaht von Rock und Oberteil, weswegen ich noch 4cm Länge rundum rausgenommen habe, Knapp unterhalb der Ansatznaht des Rockes im Rockteil.

Von der Weite habe ich über der Hüfte nach mal 2cm zugegeben, weil eng ja, aber aufsperren sollten die Falten ja nicht.

Und… dann habe ich sogar dran gedacht, den Zentimeter, den ich nur im Rückteil oben rausgenommen habe, über dem Po (und auch nur im Rückenteil) wieder einzufügen. Die Gesamtlänge stimmt bei mir nämlich eigentlich, nur die Verteilung nicht. Sonst muß ich das immer über den Rocksaum ausgleiche, was aber bei Streifen und anderen grafischen Mustern eher blöd ist. Und ich sage mir schon seit Jahren, dass ich das bei der nächsten Anpassung endlich mal mache, um es wieder zu vergessen, wenn es dran ist.

Was ich auch noch geändert habe, war der Rückenausschnitt. Das Ende des Reißverschlusses habe ich eineinhalb Zentimeter höher gelegt (der Ausschnitt wird dadurch kleiner), damit es bitte oberhalb der BH-Linie endet. Ich finde tiefe Rückenausschnitte ja toll, aber ohne BH geht es bei mir nicht und einen sichtbaren BH finde ich einfach nicht so schön.

Und damit bin ich dann an den Zuschnitt meines Stoffs gegangen.

Mir war schon nach Auswahl des Schnittes klar, dass ich den Stoff teilweise längst und teilweise quer verarbeiten wollte. Wobei durch die Art des Musters letztlich nicht eindeutig ist, ob man die Quer- oder die Längslinien dominanter wahr nimmt. Was ich jetzt wieder interessant finde… Jedenfalls stand ich erst mal vor dem Spiegel und habe den Stoff an meinem Körper hin und her geschoben und drapiert, bis ich die Verteilung hatte, die ich wollte. Von der Menge her hatte ich zum Glück reichlich, so dass ich das alles nach meinen Musterwünschen auflegen konnte.

(Und unter halbwegs unflätigen Flüchen, denn ich mußte den Stoff aufeinander heften, um doppellagig zuschneiden zu können. Der Stoff war vom Tisch mit den Resten und Probewebungen und hat teilweise massive Spannfäden auf der Rückseite (Oder vielleicht wäre das die Vorderseite gewesen? Könnte auch spannend aussehen…), die sich nicht so ganz glatt bügeln lassen. (Am fertigen Kleid geht es, da sind die Teile kleiner, an der Meterware habe ich es nicht geschafft.) Außerdem ist der Stoff sehr weich und wobbelt munter in alle Richtungen. Und wenn man nahe an den Kanten mit den Spannfäden schneidet, hat man teilweise auch jede Menge Fadenreste rumfliegen.)

Weil mein Stoff relativ dick und in sich wenigs stabil war, habe ich für die Belege eine alten Damasttischdecke genommen, die mir auch schon als Einlage das eine oder andere mal gute Dienste geleistet hatte. (Dass sie Flecken hat, fiel mir erst nach dem Zuschnit auf, aber gut… auch da sieht es keiner.) Verstärkt noch mal mit Gewebeinlage.

Beim Nähen habe ich mich weitgehend an die Anleitung gehalten. Änderungen waren vor allem meinem Stoff geschuldet.

Da der grob gewebt und dementsprechend ausfransend ist, wollte ich eine Nahtzugaben zurückschneiden, die andere drüberfalten und das dann von Rechts abstellen. Also so eine Art Pseudo-Kappnaht auf der linken Seite. An der Ansatznaht von Oberteil und Rock habe ich das gemacht, aber schnell gemerkt, dass das bei meinem Stoff eine doofe Idee war oder deutlich mehr als 1,5 cm Nahtzugabe erfordert hätte. Diese Naht habe ich dann von rechts zweimal abgesteppt, um alles zu erwischen und zu fixieren, die anderen Naht- und Saumzugaben habe ich mit Schrägband eingefasst. Ich hatte da für ein anderes Projekt mal unglaublich viel geschnitten und habe Jahre davon gezehrt. Jetzt ist es aufgebraucht. Und ich brauchte noch etwas von gekauftem weißen Schrägband, das ich glücklicherweise auch noch im Haus hatte. Als ich genäht habe, waren die Läden ja noch zu oder nur per Termin zu besuchen.

Gefüttert habe ich das Kleid nicht, ich trage es mit gesondertem Unterkleid, das habe ich ja schon.

Als Reißverschluss hatte ich noch einen Naht-RV in passender Länge in weiß da. Auch hier… manchmal gut, dass ich mich nicht entscheiden kann und dann mehrere Sachen kaufe. So war noch was da.

Am Hals wird das Kleid mit einem kleinen Knopf und einer Schlinge geschlossen. Ich entschied mich für ein kleines, weitgehend kugelförmiges Knöpfchen. Als Schlinge schlägt die Zeitschrift Gummi vor. Was ich ganz sicher nicht tun werden, denn Gummikordel ist zwar erst mal praktischer, weil die Größe der Schlinge nur irgendwie kleiner als der Knopf sei muß, wenn man normale Kordel nimmt, muß sie genau passen. Aber ich hatte noch nie ein Projekt, wo dauerhaft Zug auf der Gummikordel ist und sie nicht schneller ausgeleiert ist, als der Rest unansehnlich geworden wäre. Und den zurückgeschnittenen Beleg wieder abtrennen, um eine neuen Kordel reinzunähen… ach nö, lieber einmal Baumwollkordel und die dafür passend. (Und ich hatte welche da… )

Am Rockschlitz durfte dann die Stickmaschine mal wieder zum Einsatz kommen.

Eigentlich wollte ich stilgemäß eine Fliege sticken, da fand ich aber keine passende. Und wer will schon eine Fliege haben, wenn er einen Totenkopf haben kann? 😉

(Wie meistens… Urban Threads das Stickmuster.)

Zum Sticken habe ich den kleinsten Stickrahmen genommen, habe wasserlösliches Klebevlies eingespannt, den Rockteil drauf geklebt und noch eine Lage Soluvlies aufgelegt, weil mein Stoff eher grob gewebt ist. Hat gut fuktioniert. (Wenn man genau hinschaut, sind die Augen des Totenkopfs nicht schwaz, sondern dunkelblau. Passt besser zur Farbe des Kleides.

Mit dem Ergebnis bin ich diesmal sehr zufrieden, ein vielseitiges Kleid, egal ob ins Büro, ins Café oder zur Gartenparty. Suboptimal ist nur, dass ich meine Corona-Kilos erst kurz vor Ostern angebaut habe. Als ich das Probeteil angepasst habe, waren es noch gut 2kg weniger. Mal gucken, ob ich die wieder los werde. Dann passt es noch en bisschen besser…

(Der Dank für die meisten Bilder geht diesmal an Frau mhs… das ist doch angenehmer als mit Stativ und Funkauslöser…)