Revue de Presse: CUT Nr.3 01/10

Die letzte Ausgabe hatte mich ja nicht durchweg begeistert, aber doch genug Interesse geweckt, um noch mal 9,50 EUR zu investieren. Der Titel versteckt diesmal das Model hinter Legosteinen und genauso neugierig wie mich das Mädel anguckt, gucke ich ins Heft.

Am Layout scheinen sie was gelernt zu haben, das Inhaltsverzeichnis ist diesmal originell und lesbar.

Los geht es mit der redaktionellen Werbung, genannt “Kurzwarenzentrale”. Kurzwaren findet man dort keine, aber einige gute und/oder witzige Ideen.

Auch in diesem Heft geht es nicht nur um die Hobbynäher(in), sondern auch um kreative Leute, die das Nähen zum Beruf machen wollen oder es getan haben. Ein Kernthema ist diesmal “ein eigenes Label gründen” und daher gibt es ein Interview mit zwei Absolventinnen der Hochschule Niederrhein, die genau das als Abschlussarbeit getan haben. Das ist wohl auch vor allem für diejenigen interessant, die ähnliches vor haben.

Besser gefällt mir der nächste Abschnitt “Jack in the Box” mit vielen Ideen, wie man aus Spielzeug originellen Schmuck und Accessores basteln kann. Bei den meisten Sachen ist ziemlich klar, wie sie herzustellen sind, deswegen genügen die Minianleitungen auch. Und es geht eher darum, selber kreativ zu werden, als eine Anleitung a la “Bastelpackung” zu präsentieren. (Denke ich zumindest mal.)

Die nächsten Profikreativen die vorgestellt werden ist das Label Wood Wood aus Dänemark, auch hier ist der Werdegang sicher vor allem für künftige Profidesigner interessant.

Die Strickaccessoires von Yokoo (noch ein Interview) finde ich witzig, würde mir aber keine kaufen. Nicht mein Stil und zu leicht selber zu machen. (Und daß die Designerin inzwischen von ihren Etsy-Verkäufen lebt, dafür aber vor lauter Stricken keine Zeit mehr für Freundschaften und sonstige soziale Beziehungen hat ist keine Werbung für diesen Weg. Denn das bedeutet letztlich, das Geschäftsmodell funktioniert nicht.)

Trotzdem gibt es passend Werbung für etsy, äh ein Interview in dem Strategien vorgeschlagen werden, wie man erfolgreich auf der Plattform verkauft. (Gehen wir mal davon aus, daß zumindest die Firma Etsy mit dem Modell Geld verdient…. wenn auch nicht die Anbieter.)

Anschließend wird wieder ein Modelabel vorgestellt, “Haltbar” ist der Name. Auch aus dem Werdegang dieser Designerin mag sich der aufstrebende Designer nützliche Information herausholen. (Und den Starschnitt wird es irgendwo im Heft von ihr geben.)

Die umfassende Gründerberatung gibt es dann aber doch noch. “Nicht nur die Milch macht’s” ist das Motto. Mit prägnant in Szene gesetzten Leitsätzen. Auch wenn die Ratschläge an vielen Stellen pauschal bleiben sollte sich das wirklich jeder durchlesen, der selber in diese Branche hinein möchte. Es gibt zumindest viele Anregungen, über welche Dinge man so alles nachdenken sollte.

Als Technik werden Reißverschlüsse erklärt. Einmal verdeckt und einmal sichtbar. Hier werden dann mal wieder die technischen Defizite der Redaktion deutlich. Zum einen braucht man keinen Nahtreißverschluss, um einen Reißverschluss verdeckt einzunähen, zum anderen kann man selbstverständlich auch andere Reißverschlüsse (sogar welche mit Metallzähnen) kürzen und mit Stichen am Ende wieder sichern. Aber generell kann man nach der gezeigten Anleitung vorgehen und man hat hinterher einen Reißverschluss eingenäht.

Danach geht es mit der Praxis weiter. “Shirt Matilda” zeigt der erste Bildernähkurs. (Welche Größen dabei sind verrät das Heft nicht und da der Anleitugnsbogen eingeklebt ist und ich mir nicht sicher bin, ob ich den zerstörungsfrei rausbekomme gucke ich da jetzt nicht nach.) Die Markierungstechnik für die Abnäher gefällt mir und das Shirt sieht sogar ganz nett aus, obwohl ist nicht sehr kompliziert ist. Allerdings sollte die Redaktion mal kräuselfreie Nähte üben. (oder auf bessere Maschinen umsteigen, das Photo zeigt eine Pfaff)

“Hose Vilma” ist jetzt nicht mein Geschmack (auch wenn sie mir passen würde), aber die Technik, wie man eine Hose ohne Reißverschluss näht ohne daß sie nach Gummizughose aussieht hat was. Trotzdem sollte man für den Schnitt wohl eher keine ausgeprägte Taille haben.

Danach kommt noch der Starschnitt von “Haltbar”, hier gibt es ein T-Shirt mit Raglanärmeln im Unisex Stil. Also auch für Männer was dabei. (Und im Gegensatz zum Starschnitt aus dem letzten Heft ist hier das Ergebnis auch ansehnlich.

Ganz anderer Art sind dann die Kunstwerke von Maurizio Anzeri, der Portraitphotos überstickt. Die Ergebnisse sind teilweise wirklich frappierend und mehr als einen Blick wert.

Einen Reisebericht gibt es auch wieder, diesmal eine beim Gedanken an Design wesentlich näher liegende Stadt als beim letzten Mal: Es geht nach Barcelona. Geschrieben diesmal von einer Insiderin die schon seit einigen Jahren dort lebt. Den Bericht sollte ich mir mal aufheben… Die Geschichte mit den Einheimischen und ihren Lieblingsorten wurde aber beibehalten. Die Idee finde ich nach wie vor gut.

Danach wird gebastelt, mit teilweise schwerem Gerät. Fahrradruinen werden gestyled und aufgemotzt. Die Bauanleitungen sind etwas weniger detailliert als beim Nähen. Gemäß dem Motto: Mann nehme ein Schweißgerät… da sind wohl mehr als Grundkenntnisse der Metallbearbeitung gefragt. (Und nebenbei bemerkt ist keines der entstandenen Werke verkehrssicher und für den deutschen Straßenverkehr zugelassen. Also leider nur Deko zum an die Wand hängen… (Schade irgendwie.)

Anschließend kommt noch die Modestrecke mit gekaufter Mode, wieder sehr originell in Szene gesetzt. Um die Details geht es wohl nicht, aber die Stimmung kommt gut rüber.

Um Schmuck geht es dann. Sozusagen im Zuckerguss-Stil, nur aus Kunststoff. Ich glaube nicht ganz mein Stil, aber ein weiteres Beispiel für eine junge Designerin.

Im Zeichen der allgemeinen Krise stehen vielleicht die Vorschläge, Sonnenschirme umzudesignen. Denn statt Karibik gibt es dann Urlaub auf Balkonien. Die Lochidee gefällt mir, ist allerdings verliert der Sonnenschirm wohl doch viel an Sinn. Auch die bestickte Variante ist witzig, damit sollte man jeden Billigschirm aufgepeppt bekommen. Zumindest für einen Sommer.

Eine persönliche und amüsante Kurzgeschichte zum Keilabsatz. Immerhin bin ich nicht die einzige, die sich für Wedges nicht begeistern kann…. Ein weiterer Text befasst sich mit der Popper Kultur… ich bin alt, denn die Strömungen meiner Jugend sind jetzt Retro. 😉

Den Inhalt des Kleiderschrankes von Max Herre finde ich jetzt nicht so interessant. Und überhaupt, Max wer? (Das ist fast wie bei Burda… da kenne ich die “Prominenten” auch nie.) Ich bin wohl mal wieder nicht avantgarde genug.

Am Ende wieder eine bunte Bildersammlung vom Entstehen des Hefts (der persönliche Touch sozusagen) und ein Gewinnspiel. Wie immer, Modelle nachnähen und auf die Webseite hochladen.

Fazit? Ich finde die Zeitschrift hat ein bißchen vom Schülerzeitungsflair verloren und ist professioneller geworden. Aber ohne den Charme zu verlieren oder langweilig zu werden. Bei einer zwei Mal jährlichen Erscheinungsweise ist es natürlich auch einfacher kreativ zu bleiben als bei monatlichen Heften. Die Ausgabe werde ich jedenfalls erst mal behalten, vielleicht probiere ich das eine Shirt doch mal oder ein T-Shirt für mein Herzblatt?

Revue de Presse: CUT 02/09

(Review of a new German design/sewing/DIY magazine)

Was ich nicht kenne, muß ich ja erst mal kaufen… auf der Hobbyschneiderin hatten einige ganz enthusiastisch von einer neuen Nähzeitschrift geschrieben und das reichte erst mal für meine Neugier. Und als ich das Heft CUT in Düsseldorf am Bahnhof liegen sah, habe ich gleich zugegriffen. Der Untertitel “Leute machen Kleider” ist natürlich klasse. Sehr DIY und trendy und so.

Das Heft hingegen läßt einem dann ob des Gewichts erst mal schier den Arm abfallen. Ich habe schon Bücher gesehen, die dünner waren, ein weiterer Blick verrät, daß es wohl eher an der Dicke des Papiers liegt. Hat was von Schülerzeitung. Gut, Schülerzeitung der Designschule, aber so von der Anmutung her… der Preis mit 9,50 ist hingegen eher hochglanz. Na da bin ich ja gespannt…

Der Inhalt geht im Layout ähnlich experimentell weiter. Lesen des Inhaltsverzeichnisses ist eher nicht vorgesehen. Aber als Bild sieht es gut aus. (Die Gestalter des Hefts sind wohl eher aus der “who needs function, when you can have design?”-Schule. Aber gut, gutes Design war schon immer schwieriger als irgendeines.) Dann geht es mit Webadressen weiter. Zwar nennt sich der Punkt “Kurzwarenzentrale”, aber es scheint eher eine Werbeveranstaltung für bislang unbekannte und unbedeutende Webseiten zu sein. Aber vielleicht hilft die Werbung ja und irgendetwas davon entpuppt sich als der Knüller von morgen. Jedenfalls fällt mir jetzt das andere wichtige Stichwort neben DIY ein: Indie, alles sehr Indie. Das muß nun nicht schlecht sein, Threadbanger hat ja auch immer jede Menge gute und abgefahre Ideen. (Plus natürlich diejenigern, die deswegen “Indie” sind, weil sie durch Unbrauchbarkeit glänzen.) Auf der folgenden Seite durfte sich dann wohl ein Photographiestudent austoben. Hat das Bild einen Sinn? Ah ja, die Sorte moderne Kunst, wo man zwar mal kurz schmunzelt, sich aber fragt, ob’s deswegen schon Kunst ist.

Danach kommt dann doch auch mal was zum selbermachen, T-Shirt Transformationen. Wer sich immer über Burda beklagt, wird hier ist Staunen kommen: Auf den Photos ist gar nichts zu erkennen, die Beschreibungen sind überaus dürftig und Schemazeichnungen gibt es erst recht keine. Threadbanger ohne Video, defintiv etwas für Mutige ohne große Ansprüche an Verarbeitung oder sehr Erfahrene. (Wobei ein verschnittenes BigShirt aus meiner Sicht zu verschmerzen ist, also einfach ran an Schere und Nadel!) Und das Modell mit den Styroporkugeln hat etwas beinahe poetisches. Vermutlich komplett untragbar, aber als Kostüm oder für eine Photosession wunderschön. (Und wenn man die Idee etwas abwandelt könnte es sogar ein tolles Brautkleid geben. Aber das müßte man erst mal testen, vielleicht sieht es auch aus wie Quasimodo. Bei einem Photo guckt man ja nur aus einer Perspektive…)

Mit Shopping geht es weiter. Mit potipoti wird ein junges Label vorgestellt und mit Jeffstaple ein trendiger T-Shirt Designer. Unerwartet, so viel Lesestoff in einer Nähzeitschrift. Ach so, ist ja nicht wirklich eine…Dafür gibt es vom Label Bo van Melskens dann einen Schnitt und eine Bildanleitung. Das aber erst weiter hinten, im Anleitungsteil. Und nein, es steht nichts weltbewegendes in den Artikeln, aber halt ganz interessant, wenn man sich für Designer, ihre Ideen und ihren Werdegang interessiert. (Wenn wir ehrlich sind: Herz und Schmerzpostille für Intellektuelle. 😉 Lese ich aber trotzdem.)

Das Thema “kopieren” ist in der Design- und Modebranche ganz sicher eines, deswegen dürfen auf den nächsten Seiten auch verschiedene Designer und Experten zu dem Thema zu Wort kommen. Kein Artikel dazu, sondern Textpassagen und Wortschnipsel zu dem Thema, die unterschiedliche Meinungen und Strömungen zeigen. Ganz interessant finde ich.

Und dann wird es doch noch eine Nähzeitschrift, verschiedene Techniken des Versäuberns ohne Overlock werden vorgestellt. Im Text und mit Zeichnungen. Schön für Anfänger und “noch nie Näher” ist, daß die Erklärungen mehr oder weniger in Alltagssprache verfasst sind und mit wenig Fachvokabular auskommen. Auf der anderen Seite muß man vielleicht nicht unbedingt ungebräuchliche Begriffe einführen, denn wer mit CUT erste Nähexperimente gewagt hat und später vielleicht mal was anderes machen möchte, der wird dann aus der Anleitung auch nicht schlau. Von daher spricht doch nichts dagegen, auch Anfängern dann gleich die “richtigen” Begriffe beizubringen.

“Nähexperimente” möchte ich auch die folgenden Schnitte nennen. Hier sind die Anleitungen Schritt für Schritt photographiert und betextet. Genauigkeit ist nicht gefragt, allerdings sollte die heimische Nähmaschine mit Jersey klar kommen. Das ist dann wieder nicht so einfach. Auch so Sätze wie “die Bänder mit der Sicherheitsnadel wenden” setzen dann schon wieder Fachwissen voraus. Die Modelle reißen die erfahrenere Näherin jetzt sicher nicht mehr vom Hocker, die nahtlose Wendeweste geistert seit Jahren durch Foren, Blogs und Workshops (Seti zeigt bei ihren Vorführungen und Kursen gerne eine passformverbesserte Version davon, irgendwo auf der Hobbyschneiderin hat sie die Anleitung auch mal veröffentlicht), die Notebook-Tasche ist leider eher ein Einband, der die empfindlichen Seitenkanten des Computers ungeschützt lässt und das Kleid vom “Starschnitt” sieht zumindest für mich irgendwo zwischen trauriger Gestalt und Nachtgespenst aus. Aber gut, das ist wieder Geschmackssache.

Als Ausgleich nach dem ganzen textilen Kram werden dann die Papierkunstwerke von BOMBO! vorgestellt. Nichts was ich machen möchte, aber zumindest sind die 3D Collagen nettes Augenfutter.

Bukarest als Ziel einer Modereise ist auf alle Fälle originell. Das ist mal was neues und die Technik, durch die Stadt zu kommen ist auch einfallsreich. (Falls sie wirklich so passierte, wer weiß das schon…) Das wäre eigentlich auch mal ein Dreh, im Urlaub Stadtbummel zu gestalten. Oder vielleicht die eigene Heimatstadt besser kennen zu lernen? Neugierig hat es mich auf jeden Fall gemacht. Auch wenn ich da wohl in nächster Zeit nicht vorbei komme. (Und die Photos sind stimmungsvoll.)

Da sich das Heft offensichtlich eher an sehr junge Menschen richtet, können auch alte Kamellen wieder ausgegraben werden: Batik ist wieder da. Ich empfehle allerdings, auf den nächsten Sommer zu warten, denn es macht nicht nur Spaß, sondern auch jede Menge Sauerei und die will man vielleicht besser nicht in der Wohnung haben.

Genial ist übrigens die Modestrecke: Passend zum 80er Trend wurden die Sachen photographiert und dabei die Models gezeichneten Köpfen von Serienhelden aus den 80ern versehen. Anschließend die Abzüge verkleinert, ausgeschnitten und vor Papierdioramen passend zur jeweiligen Fernsehserie arrangiert. Die wiederum erkennen vermutlich nur Menschen, für die Batik ein alter Hut ist. *g* (Und der Name des Heftes “CUT” ist offensichtlich wörtlich zu nehmen, wenn es um Papier geht, die schnippeln gerne.)

Taschen aus Tyvek sind dann der Aufhänger, eine Schmuckdesignerin vorzustellen. Stimmt, Tyvek war in den 80ern auch neu, damals war das Motto “Jacken aus Papier”. Ich glaube, ich hätte lieber ein paar nähere Blicke auf die Schmuckkollektion von Saskia Diez gehabt…

Dann dürfen die Leser wieder selber aktiv werden und Design-Stehrümchen basteln. Auch hier zeigt sich, daß es einfach sehr schwierig ist, das Rad neu zu erfinden. Oder die Redaktion liest C’est Deco, da habe ich nämlich sowohl einen ähnlichen Lampenschirm mit Vögelchen als auch das aufeinandergeklebte Porzellan schon mal gesehen. (Ich denke zumindest, daß es dort war, vielleicht natürlich auch nur in einem Blog oder irgendwo im Internet.)

Etwas überraschend dann der kleine modegeschichtliche Exkurs zum Humpelrock. Also nicht der Text an sich, aber daß so etwas an dieser Stelle kommt. Als Ausgleich dann eine Seite über Grunge. Kommt angeblich wieder, hätte ich aber doch lieber in der Geschichtsstunde.

Damit noch ein wenig echte Prominenz ins Heft kommt, darf Franka Potente Teile aus ihrem Kleiderschrank vorstellen. (Sich die Farben für Schuhe auszusuchen und das als “Schuhe designen” bezeichnen tut allerdings doch den Schuhdesignern grob unrecht.)

Und da am Schluss noch zwei Seiten zu füllen waren, gibt es Photos der Redaktion beim Herstellungsprozess des Heftes. Braucht man nicht, ist aber schon irgendwie nett.

Mein Fazit? Tja… ein bißchen Indie, ein bißchen Design und wir sind alle fürchterlich trendy irgendwie. Aber natürlich nicht Mainstream. Lesestoff, bei dem man tatsächlich gelegentlich das Gehirn benutzen darf und ein sehr… innovativ-lässiges Layout. Wenig für Nähenthusiasten, mehr für “Generalbasteler” und Designer. Ein Abo werde ich nicht abschließen, aber zumindest das nächste Heft werde ich mir noch mal vom Kiosk holen, wenn sie es haben. Und dann weiter sehen