Shirt wird Kleid

Anfang Dezember hatte ich ja den Stoff schon gezeigt und das Kleid wurde tatsächlich pünktlich vor Weihnachten fertig. Und getragen. Ebenso wie Silvester und ins Büro… (Das Bild lässt wie oft zu Wünschen übrig, denn natürlich habe ich nicht dran gedacht, eines zu machen. Aber da ich es Weihnachten an hatte, ist es natürlich auf den “Testaufnahmen” für das traditionelle “Familienbaumbild”. Halt Test…

Den Schafstoff hatte ich 2019 (denke ich) sehr spontan mitbestellt, damals schon mit dem Gedanken “Weihnachten”.

Dann ging ich dieses Jahr auf Schnittsuche, ich wollte die Schafe am Saum in Szene setzen und weil der Stoff ja eigentlich eher kindlich ist (ja doch…) einen “erwachsenen” Schnitt und nicht nur ein grades T-Shirt Kleid. Also die Kombination aus “nicht viele Längsnähte, damit die Schafe nicht durchteilt werden” und “der weiblichen Figur folgend”. Quadratur des Kreises, wie immer. Und natürlich fand ich dafür weder in meinem Fundus noch bei den bewährten Schnittherstellern das Passende. (“Bewährter Schnitthersteller” war ebenfalls gesetzt, denn das Kleid sollte auch noch halbwegs fix zu nähen sein, eine Runde Probekleid war nicht vorgesehen.)

Als ich dann ein vergessenes Sommershirt in die Waschmaschine stopfte, erinnerte ich mich dran, dass der Schnitt ja auch eine Version mit langen Ärmeln hatte. Und das Shirt (nach FBA) eigentlich gut passte. Ein weibliches Wickeloberteil, das aber direkt unter der Brust in einer Quernaht eingefangen wird und daher auch nicht klafft. Vogue V8558. Da ein Kleid draus zu machen, sollte nicht so schwer sein.

Das obere Vorderteil und die Ausschnittblende habe ich behalten, die Ärmel ebenfalls. Da die Schafe am Saum landen sollen, ich also nicht über den Saum korrigieren kann, sondern die Länge auf Anhieb sitzen muß, habe ich mir das Rückenteil des Shirts noch mal angeguckt, was ich damals gemacht hatte. Daraufhin mit meinem Wissen von heute noch etwas mehr Länge in der hinteren Mitte oberhalb der Taille rausgenommen und die gleiche Länge in der hinteren Mitte über dem Po wieder zugefügt. Die Länge der Seitennähte bleibt gleich. (Bis ich verstanden habe, dass ich diese Änderung brauche, hat es einige Jahre und gemusterte Stoffe gebraucht, wo mir dann bewusst wurde, dass das Muster am Saum schief wird. Bei Uni-Stoffen gleich man das halt am Saum aus und gut ist…)

Das Rückenteil hat eine geschwungene Naht, ich habe stattdessen vom Hals aus gerade nach unten gezeichnet (also Mitte im Stoffbruch) und dann den größten Teil der Mehrweite mit zwei Längsabnähern wieder auf Figur gebracht. Da das Shirt um die Hüften mehr anliegt, als ich das bei einem Kleid wollte, habe ich noch 2cm Weite an der Seitennaht zugefügt.

Auch das untere Vorderteil wurde nicht nur verlängert (ich habe mir die Wunschlänge von fertigen Kleidern abgeguckt), sondern bekam über den Stoffbruch in der vorderen Mitte noch 5cm Weite dazu. Die habe ich dann einfach durch eine leichte Kräuselung eingehalten. Und zwar so, dass am Rockteil da gekräuselt ist, wo das Oberteil zwischen den beiden Kräuselungen glatt ist. Das finde ich eine sehr geglückte Lösung.

Zugeschnitten wurde abgesehen von einem Ärmel und dem oberen Teil des Vorderteils quer. Die Schafe sind nämlich eine Randbordüre… Da half dann nur hoffen, dass das auch gut fällt. Der Stoff ist ein Single Jersey mit viel Elasthan. (Und ja, hat funktioniert…)

Etwas herausvordernd war der Zuschnitt dann nicht nur, weil die Schafe an Voderteil und Rückenteil auf gleicher Höhe landen mußten, sondern auch, weil die Schafsbordüre beidseitig auf dem Stoff war. So viel gepunkteter Stoff war dann in der Mitte gar nicht da… Aber es ging auf, zumal ich den zweiten Ärmel eh schon mit Schafen geplant hatte. Anders wäre es allerdings auch nicht gegangen.

Den Rocksaum habe ich dann entgegen allen guten Vorsätzen, mal “schnell” zu arbeiten doch von Hand genäht. Die Schafe durchzunähen brachte ich einfach nicht übers Herz…

Fazit: Ich bin mit dem Kleid extrem zufrieden. Es sieht gut aus und es trägt sich gut. Gefüttert ist es nicht, aber ich habe noch ein schwarzes Unterkleid aus Futterstoff, das drunter passt. Und den Ausschnitt auch fürs Büro noch ein kleines bisschen entschärft. (Abgesehen davon, dass das Unterkleid ein klitzekleinesbisschen spack sitzt… *hust*).

Ich glaube, der Schnitt wird eine Weile “Standardschnitt” für Jerseykleider. Wobei bei der nächsten Version sollte ich das obere Vorderteil und die Ausschnittblende noch einen Zentimeter länger machen… Der Brustpunkt ist nicht mehr ganz da, wo er mal war, als ich das Shirt zum ersten Mal genäht habe… (Und nachdem ich meinen eigenen Text von damals gelesen habe… am der Brust wollte ich da auch schon nachbessern. Beim nächsten Mal…)

Burda 6785, Modell C (Kleid)

The English version is on Pattern Review.

Bild von SchnitttüteDie Erfahrung nach einem Burda Einzelschnitt zu nähen hatte ich ja schon lange nicht mehr. Da mir die Heftschnitte nur so solala passen und (noch wichtiger) die Burda Webseite so unübersichtlich ist, daß das Suchen nach einem bestimmten Schnitt so zeitaufwendig und mühsam ist, daß ich da nur guche, wenn ich woanders nichts gefunden habe (also bisher nie), hatte ich seit sicher 20 Jahren keinen Einzelschnitt von Burda mehr.

Auf der h&h in diesem Jahr bekam ich aber einen Plus-Schnitt als Werbegeschenk und da die in Arbeit befindliche Jacke und der blaue Rock noch ein, zwei Oberteile bekommen sollen nahm ich das gerne an. Der Wasserfall-Ausschnitt und die Raffungen gefielen mir nämlich auf Anieb, daß der Schnitt “super easy” ist schreckte mich gar nicht, denn mal ein Teil das schnell fertig wird, wäre ja auch ganz nett.

Genäht habe ich aber zuerst das Kleid. Ich brauchte noch ein Nachthemd und hatte einen Viscose-Elastic Jersey da, den ich mal ganz billig, ich glaube in Belgien, gekauft hatte.

Als Größe habe ich mir nach der Maßtabelle (und sonstigen Burda-Erfahrungen) die 48 ausgesucht, zur Hüfte hin dann auf 52 auslaufen. (Immer wieder nervig: die Maßtabelle befindet sich nicht auf der Anleitung, sondern auf dem Schnitt. Bevor man also Stoff kaufen kann, muß man erst mal den Schnittbogen auffalten, die Maßtabelle suchen und dann alles wieder einpacken.) Dann habe ich den Oberkörper vorne und hinten oberhalb der Taille um 1,5 cm gekürzt. Im Rücken dann noch mal keilförmig weitere 2cm in der rückwärtigen Mitte, zu den Seitennähten auslaufend.

Die folgende FBA war dann nicht so sehr “easy”, weil der Beleg für den Wasserfall nämlich direkt an das Vorderteil angeschnitten ist und mitgeändert werden muß. Hier habe ich zunächst nur die vordere Mitte und das Ende des Beleges eingezeichnet, sonst reichlich Folie überstehen lassen. Nach der FBA habe ich dann die Folie an der Umbruchlinie gefaltet und (Abnäher vorher zustecken!) die Form der Armausschnitte und Seitennähte vom veränderten Vorderteil durchgepaust.

Im Rücken hatte ich durch meine keilförmige Veränderung erst mal keine gerade rückwärtige Mitte mehr. Diese Veränderung, vermutlich nach Kenneth D. King,  bog das wieder gerade.

Die Ärmel habe ich in Größe 48 genommen, am Oberarm aber auf Größe 50 erweitert. Das gibt am Schnitt eine komische Kurve, die stört am fertigen Modell aber nicht. Das basiert auf meiner Erfahrung mit den Heftschnitten der letzten Jahre, das Burda auch bei Plus Größen eher mit Ärmchen als mit Armen kalkuliert. (Und von Kaufkleidung abgeleitet habe ich eher keine sonderlich dicken Oberarme…..)

Kleid nach Burda 6785 von vorneMit den Schnittveränderungen war die Hauptarbeit aber tatsächlich getan.

Das Zusammennähen ging nach Anleitung und zügig. Ich habe für die Konstruktionsnähte den Overlockstich meiner Nähmaschine genommen und den Rückenbeleg sowie die Säume anleitungsgemäß mit der Zwillingsnadel genäht. Letzteres habe ich schon ewig nicht mehr gemacht, weil nach meiner Erfahrung die Säume dann tatsächlich so dehnbar nicht sind. Das hat sich inzwischen auch bestätigt, für den Saum zumindest eines Nachthemdes war das nicht dehnbar genug, wenn es wieder aus der Wäsche kommt, werde ich das mit einem wirklich elastischen Stich (Federstich könnte nett sein) nachnähen. Für ein normales Kleid könnte es reichen, zumindest so lange man keine zu großen Schritte macht…

Was jedoch nicht funktionierte war die Raffung der Seiten mit 3mm breitem Gummi. Ich weiß nicht, was für einen 3mm breiten Gummi Burda da nutzt, ich hatte drei da, die waren allesamt zu schwach den Stoff zu raffen, sondern passten sich andersherum dem Stoff an. Ein 5mm breiter und weniger weicher Gummi von Gold Zack war für den Effekt nötig.

Etwas nervig fand ich, daß der rechteckige Rückenbeleg als Schnitteil angegeben war. Vermaßt wäre der mit Rollschneider und Patchworklineal schneller zugeschnitten gewesen. Hier scheint Burda die Unsitte diverse amerikanischer Schnittmuster zu übernehmen. (Mein Verbesserungsvorschlag wäre, einfach zusätzlich zum Ausschneideschnitteil von solchen Teilen die Maße anzugeben, dann kann jeder das machen, wie er mag.

Kleid Burda 6785, RückseiteSpannend war für mich der Blick auf die Rückseite und das aus zwei Gründen. Zum eine… Raffungen über dem Po? Das Kleid ist bei Burde sicherheitshalber auch nur von vorne gezeigt. Und Po… habe ich nun mal jede Menge. Besonders hinten. Der zweite Grund war meine Begradigung der rückwärtigen Mitte, wie fällt das praktisch aus?

Zwischendrin hatte ich dann auch mal Zweifel, ob diese Kürzung im Rücken überhaupt nötig war, wenn der Stoff doch eh gerafft wird?

Das Bild zeigt mir aber, daß die Kürzung auf alle Fälle sinnvoll war, denn die Fältchen, die sich vorne noch halbwegs gefällig verteilen, landen natürlich alle nicht auf, sondern über dem Po. (Oder ich hätte sie sorgfältiger festzuppeln müssen.)

Von vorne gefallen mir der Wasserfall und die Raffungen aber ganz gut. (Als ich mein Herzblatt zu schnellen Photos überreden konnte, hatte ich gerade den suboptimalsten BH an… das sicht mit anderen besser aus.)

Gut gefällt mir auch, daß der Vorderteilbeleg serh weit ins Vorderteil hineinreicht und so für Stabilität und je nach Stoff auch Blickdichtheit sorgt. Weil er angeschnitten ist hat man da auch keine Naht und er legt sich recht gefällig. Nachteil davon ist, daß das Schnitteil sehr lang ist und dadurch der Stoffverbrauch hoch ist. Außerdem muß man die Schnitteile des Vorderteils stückeln, das passte nicht im Ganzen auf den Schnittmusterbogen.

Werde ich das noch mal nähen? Ja, ich denke das wird ein Shirt werden. (Wenn die Querelastizität des Shirt Stoffes passt…) Als Kleid ist das über dem Po ja nicht so ideal, bei einem (kürzeren) Shirt sollte das aber anders aussehen. Außerdem werde ich das Rückenteil noch mal um 2cm kürzen, und das Vorderteil beim Annähen dann entsprechend dehnen. So daß ich hinten einfach weniger Stoff als vorne habe.

Fazit: Ein schnell genähtes Kleid mit netten Details. Verwunderlich, daß das bisher noch keiner (im Netz) genäht hat. Auf Pattern Review war nichts zu finden, in der Burdastyle Community auch nicht. (Wobei man da nicht mal nach Schnittnummern sortieren kann… ich frage mich wirklich, ob es da eine Abteilung gibt, die sich bewußt darum bemüht, alles so nutzlos wie möglich zu gestalten?) Lediglich einen Blogeintrag fand ich zum Shirt. Die Bloggerin redet wohl nicht gerne, zeigt aber den Herstellungsprozess in vielen Bildern. Falls das jemand mal braucht… 😉