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Auch unendliche Geschichten finden einmal ein Ende… so dieser Mantel, den ich anlässlich des Motivationsmonats November 2008 begonnen hatte und der endlich fertig ist.
Ausgangspunkt war, daß mein australischer Wax-Mantel nach gut zehn Jahren Benutzung endgültig auseinander fiel und ich einen Ersatz suchte. Da ich inzwischen mehr und regelmäßiger reise als damals war ein leichter und kompakt im Koffer zu verstauender Mantel mein Ziel. Außerdem sollte er zu allem passen. Dies führte beinahe automatisch zu einem Trenchcoat, denn der ist zwar nicht immer modisch, aber eben auch nie falsch. Und ich bevorzuge kleines Gepäck, nicht zu jeder Hose einen passenden Mantel oder so.
Als Stoff habe ich mir einen langweiligen neutralfarbenen Baumwoll-Polyester Polpeline bei Hüco in Berlin gekauft. Als Futter habe ich mir ein gestreiftes Polyesterfutter beim Schnäppchenmarkt am Gürzenich gekauft, denn zum einen wollte ich mal gemustert, zum anderen erschien mir hier wegen des Knitterverhaltens und der Strapazierfähigkeit Venezia als weniger geeignet. Dazu kam dann noch eine Klimamembran, um den Mantel winddicht und damit auch wärmer zu bekommen. Die hat mir die liebe Annette bei Follhofer besorgt. 🙂 Passenden Faden von Gütermann sowie Schulterpolster hat Frau mhs aus ihrem schier unerschöpflichen Fundus beigesteuert. Die Knöpfe habe ich bei Entrée des Fournisseurs in Paris mitgenommen. Die letztlich verwendeten Schnallen stammen von Plissee Becker aus Köln.
Vom Design her war klar, daß ich ein paar Änderungen vornehmen würde: echte Kappnähte an allen Nähten, die Ärmelriegel sollten Schnallen statt Knöpfe bekommen, Leistentaschen statt der aufgesetzten Klappen und natürlich eine mit Reißverschluss zu schließende Innentasche im Futter. Außerdem wurden die Taschen mit Reflexband gepaspelt und auch der Kragensteg außen bekam ein paar Reflexstreifen. Dann kann ich den Kragen hochklappen, wenn es dunkel ist und bleibe besser sichtbar. (Ein heller Mantel ist ja immer besser sichtbar, aber ein bißchen Zusatzsicherheit schadet nicht. Und wegen der silbergrauen Knöpfe und Schnallen fällt das auch nicht auf.)
Nach meinen damaligen Maßen wäre 48 die richtige Größe gewesen.
Der Mantel sollte allerdings auch noch über einem Blazer und einer Fleecejacke passen. (So war ich jahrelang durch den Winter gekommen. Daß es inzwischen auch wirklich kalte Winter geben würde und ich mir infolge dessen 2010 sowohl eine wirklich dicke Jacke als auch einen warmen Mantel kaufen würde war 2008 nicht abzusehen.) Also wählte ich Gr. 50.
Nun hatte ich aber aus dem Heft schon eine Bluse genäht und daher die Erfahrung gemacht, daß die Brustweite doch eher knapp war. Also gab es zusätzlich eine FBA. Außerdem habe ich den Schnitt 10 cm verlängert, weil ich einen längeren Mantel haben wollte. Dazu kam meine übliche Änderung: 2cm oberhalb der Taille rausnehmen.
Mit dem Ergebnis bin ich von der Paßform her auch zufrieden, denn der Mantel sitzt sehr locker, so daß eben auch noch zwei Jacken drunter passen, wenn es wieder kälter wird.
Nicht ganz so zufrieden war ich mit dem Schnitt. Die Vorderteile werden auf dem kleinen Schnittbogen aus zwei Teilen zusammen gesetzt. Dafür gibt es zwar Paßzeichen, aber das eine ist auch wenn man es auf dem Originalschnittbogen ausmisst etwa 7mm vom anderen entfernt. Bei den Knopfmarkierungen kann man nur raten, für welche Größe die wohl gemeint sein mögen. 34? Dran stehen tut es leider nicht. Und dann gibt es im Teil 1B eine senkrechte Linie, deren Bedeutung unklar ist. An den Ärmeln fällt auf, daß der Schnitt am Saum einwärts läuft. Das deute auf bereits angezeichnete Saumzugaen hin? Aber die Anleitung sagt nur im allgemeinen Teil, daß man Naht- und Saumzugaben noch zugeben soll. Die Ärmel haben laut Schemazeichnung eine Markierung, vermutlich für die Stelle, wo der Unterärmel die Seitennaht trifft. Auf dem Schnitteil habe ich die leider nicht gefunden. Auch die Position der Schlaufen für die Ärmelriegel kann man sich nur aus dem Schnittbild erschließen.
Was die Anleitung betrifft habe ich sie zwar gut durchgelesen, aber weitgehend ignoriert. Wegen meiner Kappnähte (die Anleitung sieht lediglich doppelt abgesteppte Nähte vor) mußte ich meine Schritte ohnehin anders planen.
Ich habe den Oberstoff mit der Klimemembrand gedoppelt, an mehreren Stellen aufeinandergesteckt und dann als eine Schicht verarbeitet. Das war relativ kniffelig, denn ich wollte die Membran so wenig wie möglich perforieren, gleichzeitig ist sie relativ schwer und besteht aus einer zähen Folie, die den Stecknadel einiges an Widerstand entgegen setzt.
Da die Folie schon genug Stand gab, habe ich die Belege und den Kragen nur noch mit G785 gedoppelt, was soweit gut funktionierte. (Auch das Aufbügeln, denn der Stoff ist hauptsächlich Polyester und mag nicht gerne heiß gebügelt werden. ) Nur hatte ich vergessen, daß im Kragen keine Membrane steckt… der hätte eine etwas festere Einlage auch vertragen.
An den Ärmeln hatte ich die gute Idee, sie mit der Technik aus dem Shirtmaking Buch von David Coffin einzusetzen. Dabei großzügig ignorierend, daß Die Technik einen Stoff erfordert, der sich gut einbügeln läßt. Was auf meinen nun gar nicht zutrifft. Überhaupt war das Bügeln ein Drama. Mit Dampf wellte sich alles (zumal auch Dampf nicht durch die Klimamembran durch geht, wenn er von der falschen Seite kommt), ohne Dampf tut sich nichts. Zumal das Eisen schon wegen der Klimamembran auch nicht heiß sein darf. Nach langen Tests kam ich zu dem Schluss, daß es besser nicht geht und ich mit einigen Falten leben muß. Kurz vor Fertigstellung entdeckte ich durch Zufall doch noch eine Technik, mit der es etwas besser ging (die im Großen und Ganzen darin besteht, über der zu bügelnden Stelle zu Dampfen, dann den Dampf loszulassen und das Eisen im genau richtigen Zeitpunkt nach Ende des Dampfens auf dem Stoff zu drücken, mit genau dem richtigen Druck), da war es aber für die meisten Stellen schon zu spät, um nachzubessern. (Und Auftrennen war an diesen Stellen auch keine Lösung, auch das mochte der Stoff nicht wirklich.)
Saum und Ärmelsäume habe ich von Hand gemacht, das Ärmelfutter ebenfalls von Hand gegen genäht. Unten wurde das Mantelfutter normal gesäumt und dann nur an Belegen und am Schlitz angenäht.
Fazit: Ich bin mit meiner eigenen Verarbeitung nicht zufrieden. Zumal etliche wirklich dumme Fehler drin sind, die ich durch Nachdenken und etwas weniger “ich will aber” Sturheit hätte vermeiden können.
Auch mit dem Schnittmuster bin ich wegen der vielen Fehler nicht ganz zufrieden, auch wenn ich das alles umschiffen konnte. Für Anfänger kann ich den Schnitt nicht empfehlen.
Tragen werde ich den Mantel trotzdem. Weil ich schlichtweg einen brauche und im Moment keine Zeit habe (und auch keine Lust) so schnell noch mal einen Trenchcoat zu nähen. Und wenn er, wie auf den Bildern, ein paar Runden im Koffer hinter sich hat, dann fällt das eh alles nicht so auf. Denn seinen Zweck erfüllt er gut, er ist nicht zu schwer, er ist winddicht und er überlebt auch meine dicht gepackten Koffer mit nur wenig Blessuren. Nur die Waschbarkeit habe ich noch nicht getestet…
(Das letzte Bild zeigt übrigens das Reflexband im Kragen. Das leuchtet nur, wenn man es mit dem Blitz anstrahlt. Andernfalls ist es dezent silbergrau.)