Die Frage habe ich mir als Kind schon gestellt. Natürlich, die (populär)theologische Erklärung, daß wir uns gegenseitig was schenken, weil Gott uns seinen Sohn geschenkt hat, die kenne ich. Dabei hätte ich dann eigentlich den Drei-Königstag viel logischer gefunden. Oder meinetwegen auch Nikolaus. Aber warum am Heiligen Abend?
Vor einigen Jahren waren indische Freunde bei uns über Weihnachten zu Besuch und haben mich mit derartigen Fragen gelöchert. Danach habe ich viel Zeit in der Bibliothek verbracht… 😀 Und war im Jahr drauf auf die Fragen besser vorbereitet, denn ich hatte mir auch ein paar Notizen gemacht. 🙂
Von den Römern ist bekannt, daß sie zu Neujahr Geschenke austauschte. Die Geschenke galten als Gunstbeweise und wurden “strenae” genannt, nach der Göttin Strenua, die dafür zuständig war, Geschäfte und Unternehmungen zu unterstützen. Sozusagen schenken, um die Göttin gnädig zu stimmen und gleichzeitig schenken, um andere gnädig zu stimmen.
Ein sehr pragmatischer Ansatz, der sich in Europa teilweise bis ins 19. Jahrhundert hielt: Jeder bekommt Geschenke von niedrigstehenden und beschenkt den jeweils höhergestellten. Zu Ungunsten derer ganz unten und zu Gunsten derer ganz oben, gar nicht so, wie wir uns Weihnachtliches Schenken vorstellen.
Auswüchse führten auch zu “Schenkordnungen” in denen es verboten wurde, Beamte, Amtmänner, Richter oder Kantoren zu beschenken. (Was durch Geschenkaustausch unter den jeweiligen Ehefrauen gelegentlich unterlaufen wurde…)
Andererseits kannten die Christen schon bald Geschenke aus Barmherzigkeit, die, zuerst an Neujahr, später irgendwann in der Zeit zwischen dem Nikolaustag und dem Dreikönigstag, an Bedürftige gegeben wurden. Mit der Zeit dehnte sich dies auch auf Kinder, Gesinde oder Freunde aus. Und so mancher Dienstbote ließ sich im Anstellungsvertrag dieses Geschenk auch zusichern. (Was man vor allem daher weiß, weil es wiederum Verbote gegen diese Sitte gab. *g*)
Bleibt immer noch die Frage… warum ausgerechnet am Heiligen Abend?
Im Grunde genommen ganz einfach… nach der Reformation im 16. Jahrhundert wollten die protestantischen Christen Geschenke nicht vom (katholischen) Nikolaus im Bischofsgewand bringen lassen. Also brachte in protestantischen Familien das Christkind die Geschenke und das kam an Weihnachten. Zuerst am 25 Dezember, später verschob sich in Deutschland die Weihnachtsfeier nach vorne, auf den Nachmittag/ Abend des 24. Dezembers.
Und diese Sitte setzte sich langsam durch. Größere Verbreitung erlangte sie im 19. Jahrhundert, als die Feier des Weihnachtsfestes immer stärker romantisch und säkular gefeiert wurde. Und dazu gehörte dann das Bild der Familie mit Gabentisch und Weihnachtsbaum
Aber noch im 20. Jahrhundert war in manchen katholischen Gegenden Europas der Dreikönigstag oder auch der 6. Dezember der Tag, an dem es Geschenke gab. Erst nach dem 2. Weltkrieg setzte sich der 24. oder 25. Dezember als Tag für die Bescherung in Europa weitgehend durch.
(Spannend, was man aus Büchern so lernen kann… 😉 )