Wer wird Präsident?

Frankreich spielt ja derzeit mal wieder das beliebte Spiel “Präsidentenwahl”. Und da die Franzosen in Herzen stolz auf ihre Traditionen sind, folgt dieses Spiel natürlich festen, ritualisierten Regeln. Beinahe wie ein Tanz, ein Menuett etwa. (Auch ein schönes französisches Wort….)

Das Ergebnis ist natürlich vorher klar, aber der Weg dorthin ist voller Symbolhandlungen.

Zunächst gibt es neben dem auserkorenen Kandidaten einen zweiten Favoriten. Der eine ist “links”, der andere “rechts”. (Wobei diese Begriffe in der französischen Politik noch deutlich beliebiger sind als in der deutschen. Ein französischer Politiker ist ein Profi. Er durchläuft eine Laufbahn durch die “richtigen” Schulen, die “richtige” Universität (am besten die “ENA” ) und danach guckt er sich an, welche Partei ihm die besten Aufstiegschancen bietet. Privat die besten Freunde und politisch auf verschiedenen Seiten? Kein Problem…) Dieses Jahr heißen die beiden “Segolene” und “Sarko”.

Natürlich gibt es noch ganz viele andere Mitspieler bei dem Ringelreihen, manche werden jede Runde gewechselt, andere (wie Arlette Laguiller) sind schon beinahe ihr Leben lang dabei.

In jeder Stadt und Gemeinde steht an bestimmten Plätzen, meist vor der Mairie (also dem Stadt- oder Gemeindeamt) Wände aus Holz oder Metall, an denen jeder Kandidat genau die gleiche Fläche für seine Plakate zur Verfügung hat. Außerdem werden tatsächlich gedruckte Wahlprogramme verteilt, unter Autoscheibenwischer geklemmt oder sonst wie unter das Volk gebracht. Dazu natürlich Vorträge im ganzen Land, die Tänzer… äh… Kandidaten reisen viel. Jeder für sich, versteht sich.

Einige Wochen vor der ersten Spielrunde, öh dem ersten Wahlgang… wird dann von der Presse ein “unbekannter” Kandidat (dieses Jahr “Beyrou” ) als dritter Favorit ausgerufen wird und die Zeitschriften viele Seiten damit füllen können, darüber zu spekulieren, wie die Finalrunde ausgehen könnte, wenn Kandidat drei es tatsächlich in die Endrunde schaffen würde und gegen Favorit eins oder Favorit zwei antreten würde. Außerdem gibt es die Gelegenheit zu neuen Photos und Home-stories, denn über Sarko und Segolene hat inzwischen jeder alles gelesen was er wissen wollte und noch viel mehr.

Ernst nimmt es keiner, aber es gibt den Menschen in den Bars und Cafes was zu reden.

Bis zur erste Runde, in der das Volk über die Kandidaten abstimmt und die beiden Teilnehmer der Finalrunde wählt. Um Unmut und Protest auszudrücken wird in dieser Runde allerdings auch gerne einer der vielen Statisten gewählt. Oder man geht gar nicht zur Wahl.

Zugegeben… eine kleine Überraschung war dieses Jahr, daß die Wahlbeteiligung sehr hoch war und daß die Statisten… äh… Kandidaten der kleinen Parteien nur wenige Stimmen bekamen. Denn gelegentlich geht diese Protestwählerei in die Hose und es wird tatsächlich jemand in die zweite Runde gewählt, den niemand ernsthaft als Präsidenten haben will.

Letztlich haben sich aber erwartungsgemäß Sarko und Segolene fürs Finale qualifiziert.

Da zwischen den beiden Runden zwei Wochen liegen, ist genügend Zeit, ein paar Figuren zu tanzen.

So verkündet Beyrou, daß seine Wähler doch bitte Segolene wählen sollen, was Sarko erwartungsgemäß mit einem “das ist doch so unwichtig, daß ich es nicht mal kommentieren muß” kommentiert.

Eigentlich logisch, denn er gewinnt die Wahl ohnehin. Die Franzosen werden doch keine Frau wählen. (Also… zumindest nicht in diesem Jahr…zehnt.)

Und Segolene scheint das zu wissen, denn sie verkündet, im Falle eines Wahlsieges Cohn-Bendit als Uweltminister berufen zu wollen. ( Welchselbiger sich in Frankreich einer weitgehenden Ablehung erfreut.) Denn wenn schon Abgang… dann vorher noch ein paar Zeichen setzen.

Natürlich reisen die Finalisten weiter eifrig übers Land und reden zu den Wählern. Auch im Fernsehen dürfen sie sich äußern. Sarko etwa darf verkünden, daß er etwas gegen die “Technokraten” in Politik und Verwaltung unternehmen will. (“Technokraten” sind z.B. die Absolventen der “ENA”…. siehe oben….) Und beide Kandidaten dreschen mit Sandschäufelchen… äh… Worten aufeinander ein.

Das Tänzchen dreht sich noch bis Sonntag, dann wird Sarko gewählt.

Und nach den Sommerferien, pünktlich zum “Rentree” kann der geneigte Beobachter dann vielleicht einen weiteren französischen Ritualtanz beobachten… Generalstreik…?